Freitag, 26. April 2024

Kölner Donnerhall trübt „die rote Sonne von Barbados“

Kölner Donnerhall trübt „die rote Sonne von Barbados“

Ich bin ein Stück weit fassungslos! Kommt selten vor. Fern ab vom Schuss erfahre ich in Bridgetown auf Barbados, dass sich der 1. FC Köln und Jörg Schmadtke getrennt haben. Für kurze Zeit scheint „ die rote Sonne“ von Barbados getrübt vom Kölner Donnerhall.

Ich kenne natürlich noch keine Interna und mag daher auch nicht spekulieren. Denn wer sich von wem getrennt hat, ist momentan egal. Darüber wird in den nächsten Tagen viel diskutiert werden. Am Ende der Spekulationskette werden wir es erfahren. Klar ist aber: Es ist das falsche Zeichen zur falschen Zeit!

Schmadtke war und ist ein kompetenter und anerkannter Fussballmanager. Mit allen Ecken und Kanten. Und Schmadtke war auch – bitte nicht unterschätzen – das „ Fernsehgesicht“ des 1. FC Köln. Kautzig charmant, brummelnd, kratzbürstig, angriffslustig, abwehrend, listig, selbst beim Aufbrausen abwägend, streitbar, aber auch versöhnlich. So wie in der heutigen Medienwelt ein Counterpart auf BL-Vereinseite sein soll und muss.

Keiner, auch nicht die größten Zweifler und ewigen Nörgler, hätten diesen „Abfall“ des in den letzten Jahren stetig verbesserten Clubs innerhalb nur weniger Wochen erwarten können. Dramatisch. Als frisch „gebackener“ Europa-League-Teilnehmer so schlecht in eine BL-Saison gestartet wie seit Gründung der Bundesliga nie ein Verein zuvor. Selbst Tasmania Berlin, Sinnbild eines BL-Looser-Vereins, startete besser. Kneif mich, ich kann es kaum glauben.

Über Jahrzehnte habe ich den 1. FC Köln als Journalist und Partner begleitet. Zuerst als verantwortlicher Ressortleiter Bundesliga der FUSSBALLWOCHE, danach als Herausgeber und Chefredakteur von KÖLNSPORT. Aber auch als Inhaber der KÖLNSPORT Verlags- und Werbeagentur, der 10 Jahre lang das GEISSBOCK-ECHO sowie fast alle damaligen Printprodukte des Clubs verantwortet, betreut und weiterentwickelt hat. Kurz gefasst: Ich habe den 1. FC Köln in seiner ganzen Bandbreite kennengelernt. Vom Weltstadtclub früherer Erfolgsjahre bis hin zum Kirmesverein bis Ende des letzten Jahrzehnts. Ich habe die Präsidenten kommen und gehen sehen: von Oskar Mass bis Wolfgang Overath. Und die Trainer in dieser Zeit kann ich ohne Blick ins Fussball-Lexikon nicht mehr aufzählen. Viele schlimme Jahre, viele verlorene Jahre.

Obwohl trotz allem nicht als ausgewieser FC-Sympathisant bekannt, habe ich annerkennend verfolgt, wie der Klub es nach turbulenten Jahren geschafft hat, unter der Führung von Schmadtke, Wehrle und dem sportlich und öffentlich wohltuend agierenden Trainer Stöger das Blatt zu wenden. Sportlich wie finanziell.

Auch wenn der Club katastrophal und miserabel in die Saison gestartet ist und das Selbstvertrauen mit jeder Niederlage weitere Dellen erhält, empfinde ich das Verhalten der Vereinsoberen dem Trainer gegenüber als wohltuend. Noch. Im Haifischbecken Bundesliga wären andernorts schon viel früher die Reißleinen gezogen worden. Das es auch anders geht, beweisst der FC Arsenal, FC-Gegner in der Europa-League. Wäre es nach Fan-Wille gegangen, wäre Arsene Wenger in den letzten Jahren schon mehrfach nach anhaltendem Misserfolg über die Themse gewuppt worden. Letztendlich haben die Arsenal-Verantwortlichen auch in schlimmsten Krisen an ihm festgehalten und wurden dafür belohnt. Und wie lange ist Wenger schon in Arsenal? Fast zwei Jahrzehnte. Unter Schmadtke hätte ich mir vorstellen können, dass der 1.FC Köln seinem selbst auferlegten Credo, „ spürbar anders“ zu sein, auch in der Trainerfrage folgt. Daran zweifele ich nach Schmadtkes Abgang nun doch sehr. Wetten, dass jetzt auch Stögers Verbleib am „ seidenen Faden“ hängt.

Dass Schmadtke ausgerechnet jetzt den 1. FC Köln „Knall auf Fall“ verlässt ( oder verlassen muss), könnte zu einem Rückfall in alte, stürmische Zeiten führen. Das Problem des 1. FC Köln, so kurios es auch klingen mag, ist der letztjährige Erfolg. Die Mannschaft war und ist nicht so stark und gefestigt, wie ihr erreichter Euro-League-Startplatz es vermuten lässt. Der FC hat vom „Schwächeln“ anderer Vereine profitiert. Und natürlich hat Schmadtke als sportlich Verantwortlicher im Sommer nach dem Abgang von Modeste kein glückliches Händchen bei der Neu-Zusammenstellung des Kaders gezeigt. Er hätte genug Geld zur Verfügung gehabt, die Mannschaft sinnvoll zu ergänzen und vor allem zu verstärken. Hätte, hätte, Fahrradkette.

Aber wenn auch schon im frühen Verlauf der Saison das Abstiegsgespenst wie ein Damoklesschwert erneut über dem FC schwebt, muss noch keine Panik ausbrechen. Egal auf welcher Seite. Noch sind im unteren Tabellendrittel ausreichend – soll heissen mehr als drei- Vereine in Reichweite, die bei objektiver Analyse nicht besser „bestückt“ sind als die Kölner.

Ich habe die offiziellen Statements beider Parteien zur Trennung aufmerksam verfolgt. Business as usual. Wer aber den FC kennt und zwischen den Zeilen lesen kann, vor allem die offizielle FC-Erklärung, spürt, dass es „geknallt“ hat. Ich vermute sogar heftig. Unterschiedliche Auffassungen zwischen Präsidium und sportlicher Leitung über die zukünftige Ausrichtung des Vereins wird dort als Grund angegeben. Und Jörg Schmadtke seinerseits bedankt sich für schöne Jahre. Ganz ehrlich: Das stinkt zum Himmel!

Präsident Spinner und sein Vize Ritterbach mögen ehrenwerte Männer sein, gehören aber für mich nicht unbedingt dem „ Kompetenzteam führender Fussball-Analysten“ an. Toni Schumacher – wo war er eigentlich bei der Knall-Sitzung mit Schmadtke? – wird sich (vorübergehend) sportlich mehr einbringen müssen.

Unterschiedliche Meinungen in einer zugegeben schwierigen Situation können auch befruchten, sachliche Analysen können Emotionen hüben wie drüben in die richtigen Bahnen lenken. Aber nur, wenn beide Seiten einzig und alleine das Wohl des Vereins im Auge haben. Daran aber zweifele ich seit gestern.

Schmadtke gilt neben aller ausgewiesener Kompetenz auch als launisch, schwierig und stur. Dem Präsidium traue ich momentan nicht zu, die Tragweite der Trennung richtig einzuschätzen. Und deshalb vermag ich nicht zu beurteilen, ob „ Hinschmiss“ oder „Rausschmiss“. Hat das Präsidium einen Sündenbock gesucht und gefunden, um des Volkes Stimme zu besänftigen, die Schmadtke- zu Unrecht- seit Tagen schon zum Teufel jagen wollte? Vor wenigen Wochen wurde der Mann noch gefeiert als Europa-Macher und cleverer „Verkäufer“(Modeste). Wie verrückt ist das denn?

Ich bleibe dabei: Die Trennung zwischen Schmadtke und dem 1. FC Köln ist das falsche Zeichen ( auch an die Mannschaft) zur falschen Zeit.

Jetzt widme ich mich wieder der roten Sonne von Barbados, die hoffentlich schneller untergeht als der Stern des 1. FC Köln wieder am Firmament erlischt.

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